Die Alternativen aus Zuckerrohr, -rübe oder dem Ahornbaum kennt der Mensch bei Weitem noch nicht so lange. Ähnlich sieht es mit dem Vorgänger des elektrischen Lichts aus – nur Bienenwachskerzen erlaubten eine behagliche Atmosphäre an langen Winterabenden und Sicht bei Kirchbesuchen oder den Gang durch dunkle Gassen. Auch verwendet der Mensch schon lange Propolis, Gelee royale oder Blütenpollen. Kein Wunder also, dass die Biene seit Menschengedenken verehrt wird. Grund genug, nicht nur das süsse Gold, sondern auch seine fleissigen Produzenten vorzustellen: die westliche Honigbiene Apis mellifera.
Eine Biene allein ist nicht überlebensfähig, sie braucht die Einheit aus Königin, Drohnen und Arbeiterinnen. Letztere sind mengenmässig in der Überzahl – mehrere 10’000 können es im Sommer sein. Die meisten von ihnen sind zu dem Zeitpunkt fleissig auf Nahrungssuche. Andere Arbeitsbienen pflegen die Brut, bauen Waben, verteidigen den Stock gegen Eindringlinge und – ganz wichtig – umsorgen die Königin. Denn ohne sie kann ein Bienenvolk nicht sein. Ihre Hauptaufgabe ist das Legen von Eiern und damit eine Sicherstellung der Nachzucht. Eine gigantische Leistung, legt sie in der Hochsaison doch am Tag bis zu 2’000 dieser kleinen weissen Stifte – das tägliche Legegewicht entspricht damit in etwa ihrem eigenen Körpergewicht. Um an die nötigen Spermien zu kommen, begibt sich die Königin im ersten Frühling ihres Lebens auf Hochzeitsflug. An ihrer Seite die männlichen Bienen, Drohnen genannt. Nur einige von ihnen begatten die Königin; sie sterben danach. Noch heute streitet die Wissenschaft über weitere Funktionen der Drohnen, von denen es im Volk mehrere Hundert gibt. Zumindest in den Sommermonaten, denn ab August werden die Drohnen des Stockes verwiesen. Gnadenlos, doch Pflege und Fütterung durch die Arbeiterinnen ist im Winter nicht wirtschaftlich.
Es ist süsser Saft, den die Bienen suchen – bei blühenden Pflanzen und in grünen Wäldern. Diesen nehmen sie mit ihrem kleinen Rüssel in den Magen auf, reichern ihn mit eigenen Stoffen an, um ihn dann in den Waben abzulegen. Dort reift das Ganze, fermentiert und verliert an Wasser. Liegt der Wassergehalt bei etwa 20 Prozent, wird die Wabe verdeckelt und dient den Bienen – ganz naturgemäss – als Wintervorrat. Wären da nicht Mensch, Bär und anderes Getier, die ebenfalls ein grosses Interesse am süssen Gold haben. Für Imker*innen ist die verdeckelte Wabe das Zeichen für Reife – Zeit, den Honig aus der Wabe zu schleudern. Dabei darf die Bienenstocktemperatur nicht überschritten werden, die Wabe würde sonst schmelzen. Auch bei der Abfüllung, weiteren Verarbeitung und Verwendung zu Hause muss auf die Temperatur geachtet werden. Denn Honig enthält, neben rund 80 Prozent Zucker, auch Aminosäuren und Enzyme – beide sind wertvoll, aber auch hitzeempfindlich. Das Hausmittel »heisse Milch mit Honig« sollte daher nicht mehr als 40 Grad Celsius warm sein.
Bienen sind blütenstet, sprich: Ein Volk ist bestrebt, zunächst den Nektar lediglich einer Pflanzenart zu sammeln – das ist die Grundlage für Sortenhonige wie Raps, Linde oder Akazie. Die Leitsätze für Honig beschreiben detailliert, welche Anforderungen an Geschmack, Farbe, Geruch, aber auch an das mikroskopisch noch immer nachweisbare Pollenspektrum gestellt werden. Beim Waldhonig übrigens sucht die Biene keine Blüten, sondern sammelt die zuckerhaltigen Ausscheidungen von Insekten, die an Blatt und Baum nagen. Der weitere Werdegang in Biene und Wabe ist der gleiche wie beim Blütenhonig.
Den Nektar für diesen milden Honig sammeln die Bienen von den lieblich duftenden Blüten des Akazienbaumes, genau genommen des Scheinakazienbaumes. Aufgrund seines zurückhaltenden Aromas wird er gerne an Speisen gegeben, bei denen eine neutrale Süsse erwünscht ist.
Akazienhonig besitzt eine hellgelbe Farbe und ist von relativ flüssiger Konsistenz. Verantwortlich hierfür ist sein hoher Anteil an Fruchtzucker, der den Traubenzuckeranteil überwiegt. Traditionelle Herkünfte für Akazienhonig sind Ungarn und Rumänien.
Für den Waldhonig sammeln die Bienen keinen Blütennektar, sondern Honigtau aus den Wäldern. Honigtau ist das zuckerhaltige Stoffwechselprodukt bestimmter Blattlausarten, der als süsser Tropfen auf den Nadeln bzw. Blättern verschiedener Baumarten sitzt.
Charakteristisch für Waldhonig ist seine hellbraune bis rotbraune Farbe, die zähflüssige Konsistenz sowie ein kräftiges, würzig-herbes Aroma. Er eignet sich bestens zum Süssen von Tees und Crêpes.
Aus der duftenden Fülle bunter Wiesenblumen und Wildkräuter sammeln die Bienen ihren Nektar für diesen Honig. Wiesenblütenhonig ist ein Vielblütenhonig, eine gängige Honig-Sortenbezeichnung. Sein Geschmack wird durch die Herkunft des Trachtgebietes bestimmt. Typisch sind sein blumiges Aroma und die hellgelbe Farbe.
Der Nektar für diese spezielle Honigsorte stammt vom Manukastrauch, einer Teebaumart der Ureinwohner Neuseelands. Der bernsteinfarbene Honig hat ein intensiv würziges Aroma mit einer herben Kräuternote, und er ist zartschmelzend cremig. Seine Liebhaber*innen schätzen ihn insbesondere zum Süssen von Grüntee.
Die stattlichen Edelkastanienbäume sind vor allem in Südeuropa verbreitet. Ihre üppigen Blüten liefern reichlich Nektar. Typisch für Edelkastanienhonig ist sein herbwürziger, leicht bitterer Geschmack, der auch durch einen Anteil an Honigtau aus den Blättern bestimmt wird. Er ist dunkelbraun und von zähflüssiger Konsistenz. Er schmeckt als Brotaufstrich, ebenso harmoniert er mit kräftigem Käse, eignet sich für Dips oder zum Glasieren von Maroni.